Unterbringung von Flüchtlingen: Offener Brief an die Hansestadt Stralsund und den Landkreis Vorpommern-Rügen

Unterbringung von Flüchtlingen: Offener Brief an die Hansestadt Stralsund und den Landkreis Vorpommern-Rügen

Insel-DaenholmOffener Brief zu Ihrer Asylpolitik

Sehr geehrter Herr Landrat Drescher,

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Badrow,

den demokratischen Gremien des Landkreises, aber auch der Presse, ist zu entnehmen, dass in den kommenden Wochen und Monaten auf dem Dänholm in Stralsund eine neue Asylbewerber_innen–Unterkunft entstehen soll.

Wir freuen uns über die bisherige Entwicklung, die ankommenden Flüchtlinge selbstständig in eigenen Wohnungen wohnen zu lassen. Diese Art der Unterbringung ist die sinnvollste um Vorurteile in der Bevölkerung abzubauen und die Menschen aus den verschiedensten Ländern, die von Krieg und anderen Krisen bedroht sind, zu integrieren und damit auch den Inklusionsgedanken in der Asylpolitik umzusetzen. Diese Entwicklung soll weiterhin fortgesetzt werden.

Wir kritisieren die Pläne des Landkreises Vorpommern-Rügen ein neues Asylbewerber_innen-„Heim“ zu schaffen mit wahrscheinlich noch mehr Aufnahmekapazitäten. Es wird von über 280 Plätzen gesprochen. Im Moment sind ca. 100 Asylbewerber_innen auf dem Dänholm in einer kleinen Containerstadt untergebracht.

Die Container sind:

1. im Winter sehr kalt,

2. der Internet- und Handyempfang ist sehr sperrig und

3. nach unserem Informationsstand auch nicht mehr zulässig.

Die jetzigen Zustände verwehren die Möglichkeit vor Ort in den einzelnen „Zimmern“ Internet zu empfangen. Dies ist für die Integration in die Gesellschaft sehr ungünstig, auch weil man bei der Aufnahme und beim durchsetzen der einzelnen Rechte Informationen aus dem Internet braucht. Das Internet stellt heute das wichtigste Informationsmedium dar. Es bietet den Schutzsuchenden die

Möglichkeit, sich über die aktuelle Rechtsprechung zu den Aufnahmemodalitäten zu informieren. Asylverfahren berühren auch immer die Persönlichkeitsrechte des Menschen. Aus diesem Grund müssen die Betroffenen die Möglichkeit haben, sich ungestört über laufende Verfahren zu informieren und mit Hilfsorganisationen Kontakt aufzunehmen. Die psychische Betreuung der Asylbewerber_innen lässt bei einer zentralen Unterbringung ebenfalls zu wünschen übrig. Menschen die aus ihrer Heimat flüchten müssen und oftmals ihre Familien und Freunde in Ungewissheit zurückließen, sind oftmals traumatisiert. Die Unterbringung in Lagern kann zu einer Verschlechterung der psychischen Situation führen. Eine fachgerechte psychische/psychiatrische Betreuung ist in einer Gemeinschaftsunterkunft häufig nicht gewährleistet.

Die Zentrale Unterbringung von Menschen führt nicht zu einer besseren Integration, sondern im Gegenteil zu einer Abschottung von der Gesellschaft. Dies ist in Stralsund unzweifelhaft und wird durch die schlechte Anbindung des Dänholms an den ÖPNV noch verstärkt. So kann eine solidarische Gesellschaft nicht funktionieren. Wir wünschen uns vom Landkreis und von der Hansestadt laufend Informationen über die Presse, damit alle Menschen die Möglichkeit haben sich in der Unterbringungsfrage einzumischen und mit zu diskutieren. Die Informationspolitik des Landkreises hat dazu geführt, dass Menschen aus Knieper Nord Unterschriften gegen einen Leerzug ihres Wohnblocks gesammelt haben. Es wird Angst geschaffen und die Neonazis und Rechtspopulisten nutzen das aus. In einem Beschluss des Kreistages heißt es, dass der Landkreis Menschen aus anderen Ländern willkommen heißen möchte. Die Frage ist wie und ob das Ziel mit einer zentralen Unterbringung erreicht werden kann?! Das Argument, dass sich Asylbewerber_innen in Gemeinschaftsunterkünften wohlfühlen, kann zutreffend sein, sollte aber nicht die Lösung in dieser Frage darstellen. Denn in unserer Gesellschaft hat jeder Mensch und jede Familie ein Recht auf eine Wohnung.

Nach Gesprächen mit Asylbewerber_innen auf dem Dänholm lässt sich unsererseits feststellen, dass der Wunsch nach eigenen und angemessenen Wohnraum da ist. Durch die Schulen der Hansestadt und der Volkshochschule wird den Asylbewerber_innen ermöglicht, sich Kenntnisse der deutschen Sprache an zu eignen, wenn auch nicht beitragsfrei. Der innere Antrieb der Asylbewerber_innen dazu ist stark.

Wir wünschen uns auf alle aufgeworfenen Fragen von ihnen jeweils Antworten und stehen für Rückfragen gern zur Verfügung.

Für den Fall, dass es Fragen gibt oder vielleicht sogar ein gemeinsamer Vor-Ort-Termin gewünscht ist, stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Jens Knoop (organisatorischer Leiter der Initiative Rock gegen Rechts Stralsund)